- Reisevertragsrecht
- 1. Begriff: a) Pauschalreiseverträge: Der Reisevertrag zwischen Reisendem und Veranstalter ist Unterart des Werkvertrags. Betroffen sind Verträge mit einer Gesamtheit von Leistungen (Leistungsbündel bestehend aus mindestens zwei Leistungen), die der Reiseveranstalter auf eigene Rechnung und im eigenen Namen zum Gesamtpreis erbringt. Pauschalreiseverträge unterliegen den §§ 651a ff. BGB (Umsetzung der EG-Pauschalreiserichtlinie 90/314/EWG vom 13.6.1990). Ein Sonderfall stellt die Überlassung einer Ferienunterkunft durch einen Veranstalter dar; hier finden die §§ 651a ff. BGB entsprechend Anwendung, obwohl keine Gesamtheit von Reiseleistungen vorliegt.- Veranstalter haften für alle Leistungen des Reiseprogramms, wobei der professionellen Reiseleitung erhebliche Bedeutung zukommt (Reklamationsbearbeitung). Veranstalter haben ferner u.a. die Informationspflichten nach den §§ 4 ff. BGBInfoVO zu erfüllen (Mindestprospektangaben, Unterrichtung vor Vertragsschluss, Inhalt von Reisebestätigung, Unterrichtung vor Reisebeginn). Sämtliche Zahlungen des Reisenden (einschließlich des Forderns und Entgegennehmens) vor Reisebeginn sind nur Zug um Zug gegen Aushändigung des Sicherungsscheins zulässig (vorgeschriebenes Muster nach § 9 BGBInfVO), andernfalls liegt eine Ordnungswidrigkeit nach § 147b GewO dar. Der Sicherungsschein (Bankbürgschaft oder Versicherung) sichert den Reisenden bei Insolvenz des Veranstalters ab. Ersatzreisende können vor Reisebeginn unter den Voraussetzungen des § 651b BGB gestellt werden. Bei Stornierung können Reiseveranstalter Entschädigungen nach den § 651i BGB verlangen. Dem Reisenden stehen bei mangelhaften Leistungen die Gewährleistungsrechte nach den §§ 651c BGB vor. Für die Berechnung der Minderung wegen Reisemängeln wenden die Gerichte zum Teil die „Frankfurter Tabelle“ (umstritten; vgl. Veröffentlichung in NJW 1985, 113, Ergänzung NJW 1994, 1639) an. § 651j BGB enthält eine Sonderregelung für höhere Gewalt.- ⇡ Reiseveranstalter und ⇡ Reisendem stehen das Kündigungsrecht zu. Für Gastschulaufenthalte (Ausland, Aufenthalt mindestens drei Monate, geregelter Schulbesuch, Unterbringung in einer Gastfamilie) greift § 651 l BGB. Mängelansprüche sind nach Reiseende gemäß § 651g I BGB innerhalb eines Monats nach vereinbartem Reiseende geltend zu machen (Ausschlussfrist). Die Verjährungsfrist von zwei Jahren nach § 651g II BGB (vgl. § 651m BGB) ist zu beachten. Von den §§ 651a ff. BGB kann nicht zum Nachteil des Reisenden abgewichen werden. Grundsätzlich gilt für Reiseverträge ohne Rücksicht auf das Zielland deutsches Recht, wobei sich allerdings der Veranstalter auf internationale Übereinkommen wie Warschauer Abkommen (Flug), ⇡ Athener Übereinkommen (Personen- und Gepäckbeförderung zur See) oder auf solchen Übereinkommen beruhende gesetzliche Vorschriften wie z.B. die §§ 701 ff. BGB berufen kann (Beschränkung von Schadensersatzansprüchen etc.). Gerichtsstand für Klagen des Reisenden gegen den Veranstalter ist dessen Sitz.
Lexikon der Economics. 2013.